Prachtlibellen – Flugakrobaten im Fokus

Prachtlibellen in ihrem Lebensraum an der Aare

Das Leben der Prachtlibellen – Natur-Doku

Prachtlibellen gehören mit ihren auffälligen Schillerfarben zu den attraktivsten Fluginsekten in unseren Breitengraden. Diese Kleinlibellen faszinieren jedoch auch durch ihr interessantes Paarungsverhalten und durch ihre bemerkenswerten Flugkünste. Dank nachhaltiger Projekte zur Renaturierung der Aare zwischen Bern und Thun, erholen sich die Bestände der Prachtlibellen in meiner Heimat allmählich. So konnte ich das Leben und das Verhalten der Gebänderten-Prachtlibelle und der Blauflügel-Prachtlibelle, im Naherholungsraum meiner Heimatstadt Bern, sozusagen vor der Haustüre dokumentieren.

Von Mai bis August lassen sich an kleinen und sauberen Fliessgewässern zwei äusserst interessante und auffällige Libellenarten beobachten. Von ihrem Flugverhalten und ihren grossen, schillernden Flügelpaaren her erinnern sie im ersten Augenblick an Schmetterlinge, wer innehält und genauer hinschaut, wird jedoch schnell erkennen, dass es sich um Libellen handelt: Es sind zwei Kleinlibellenarten die der Familie der Prachtlibellen (Calopterygidae) angehören: Die Gebänderte Prachtlibelle und die Blauflügel-Prachtlibelle. Prachtlibellen sind die grössten Vertreter der Kleinlibellen (Zygobtera) und somit grösser als manche Grosslibellenart.

Hier findest Du Naturbilder wie die Paarung der Blauflügel-Prachtlibellen.
Prachtlibellen – das Paarungsrad

Im adulten Stadium des Lebens der Prachtlibellen, dreht sich alles um die Vermehrung.

Lebensraum und Gefährdung

Die Gebänderte Prachtlibelle bewohnt langsam fliessende Flüsse und Bäche mit guter bis mässiger Wasserqualität deren Ufer mit genügend Vegetation wie Röhricht oder Erlenbüschen bewachsen ist. Sie gilt daher in der ganzen Schweiz als nicht gefährdet.

Die Blauflügel-Prachtlibelle benötigt saubere und kleine Fliessgewässer mit einer relativ hohen Deckung an Wasserpflanzen (besonders Igelkolben und Merk) und ist daher weitaus seltener anzutreffen als die Gebänderte Prachtlibelle.  Im Kanton Bern etwa gibt es nur noch drei grosse Populationen bei Wichtrach, Belp und an der Önz. Dennoch ist sie in der Schweiz gemäss Roter Liste gesamthaft als nicht gefährdet eingestuft. Die Bestände haben jedoch seit den sechziger Jahren stark abgenommen und scheinen sich mittlerweile durch Naturschutzmassnahmen wie etwa diversen Auenschutz – und – Biotopverbundkonzepten etwas erholt zu haben.

Blauflügel-Prachtlibelle auf ihrer Sitzwarte
Blauflügel-Prachtlibelle

Blauflügel-Prachtlibelle auf ihrer Sitzwarte

Lebenszyklus der Prachtlibellen

Vom Embryo zur Geschlechtsreife

Nach der Embryonalentwicklung im Innern des Eis, die 20 bis 30 Tage dauert, beginnt für die Prachtlibellen das Leben als Larve in ruhigen Fliessgewässern. Die Larven ernähren sich vor allem von Insektenlarven wie etwa denen der Eintagsfliegen, Zuckmücken, Kriebelmücken oder Flohkrebsen. Sie durchlaufen während ihrer Entwicklung 12 bis 13 Stadien die jeweils mit einer Häutung abgeschlossen werden. Dabei verteidigen sie ihre Sitzplätze gegenüber anderen Libellenlarven.

Bis zur Imaginalhäutung, der letzten Häutung welche zum adulten Insekt führt, benötigen die Prachtlibellen in Mitteleuropa ein bis zwei Jahre. Die Häutungen und die Emergenz werden dabei hormonell gesteuert. Das Hormon Ecdyson nimmt im Körper der Larven periodisch zu und löst die Häutungen aus, das Juvenilhormon fördert dabei den Erhalt larvaler Organe. Wenn seine Konzentration unter einen kritischen Wert fällt, kommt es zur Metamorphose und damit zur Ausbildung der Imargo, also dem geschlechtsreifen Insekt.

Die Prachtlibellenlarven kriechen dann ans Ufer und suchen sich einen gut versteckten Platz in der Ufervegetation wo sie an einem Pflanzenstängel emporklettern. Die Libellen schlüpfen in einem Zeitraum von ein bis drei Stunden und sind in dieser Zeit absolut schutzlos. Nach dem Schlüpfen der Libellen dauert es weitere zehn Tage bis sie die vollständige Geschlechtsreife erreicht haben. Diese Reifezeit verbringen sie mit der intensiven Jagt auf Beutetiere. Bei guter Witterung und reichhaltigem Beuteangebot können die Prachtlibellen ihr Gewicht in wenigen Tagen verdoppeln.

Die Flugzeit und das Paarungsverhalten der Prachtlibellen

Die Flugzeiten der Prachtlibellen dauern nur etwa  40 bis 50 Tage. Nach den ersten 10 Tagen der Reifezeit, die mit Jagen und energiesparendem Sonnenbaden verbracht werden, beginnt die Paarungszeit in der die Fortpflanzung im Vordergrund steht. Wer sich jetzt hinsetzt und sich ein paar Stunden  Zeit nimmt um das Schauspiel zu beobachten, wird dem faszinierenden Verhalten der Prachtlibellen schnell erliegen.

Als Erstes fällt auf, dass der Flug der Prachtlibellen, den man anfänglich für etwas unbeholfen und schmetterlingshaft halten mag, in Wirklichkeit sehr variabel ist und so gar nichts mit dem Flug der Schmetterlinge zu tun hat. Wie alle anderen Libellenarten auch, können Prachtlibellen ihre vier Flügel nämlich einzeln steuern, was ihnen eine grosse Bandbreite verschiedener Flugarten ermöglicht.  Im normalen Flug bewegen sie sich verhältnismässig langsam mit einer Frequenz von 14 bis 20 Flügelschlägen pro Sekunde. Ihre grossen Flügel ermöglichen ihnen bei günstigen Bedingungen sogar für kurze Zeit auszusetzen und zu segeln, was wiederum ihren Energieverbrauch verringert.

Prachtlibellen besitzen eine erstaunlich variable Bandbreite verschiedener Flugarten. Im frontalen Drohflug beispielsweise, kann das Prachtlibellen-Männchen beide Flügel nach vorne klappen um so grösser zu erscheinen.
Prachtlibelle im frontalen Drohflug

Prachtlibellen besitzen eine erstaunlich variable Bandbreite verschiedener Flugarten. Im frontalen Drohflug beispielsweise, kann das Prachtlibellen-Männchen beide Flügel nach vorne klappen um so grösser zu erscheinen.

Prachtlibellenmännchen besitzen Tagesreviere die sie gegenüber anderen Artgenossen im Tagesverlauf verteidigen. Beliebte Sitzwarte sind etwa herabhängende Äste oder Stängel von Binsen, dicht über der Wasseroberfläche, die sich sowohl zur Eiablage als auch zum Jagen eignen. Dabei werden Eindringlinge mittels Drohflug angegangen. Im frontalen Drohflug  werden die Flügel nach vorne geklappt um sich den Rivalen in voller Grösse zu präsentieren. Um die dunklen Flügel möglichst lange wirken zu lassen, werden sie dabei mit sehr niedriger Frequenz geschlagen.

Eine andere Art des Drohflugs ist der sogenannte Pendelflug bei dem ein dominantes Männchen wie ein Pendel schwingend vor dem Rivalen hin und her fliegt. Bei jedem Vorbeiflug zeigt es ein Seitwärtsdrohen und wendet dem Rivalen seine ganze Breitseite zu. Dabei werden die Vorderflügel stillgehalten, so dass nur noch mit den Hinterflügeln geflogen wird.

Um die beste Sitzwarte zu ergattern, werden erbitterte Revierkämpfe ausgetragen. Da die Blauflügel-Prachtlibellen und die Gebänderten-Prachtlibellen oft die gleichen Orte zur Eiablage nutzen, finden auch artübergreifende Kämpfe statt.
Prachtlibellen im Kampf um die beste Sitzwarte

Um die beste Sitzwarte zu ergattern, werden erbitterte Revierkämpfe ausgetragen. Da die Blauflügel-Prachtlibellen und die Gebänderten-Prachtlibellen oft die gleichen Orte zur Eiablage nutzen, finden auch artübergreifende Kämpfe statt.

Manchmal kommt es zwischen Prachtlibellenmännchen auch zur wilden Verfolgungsjagd die bis über eine Stunde andauern kann. Dabei probieren sich die Kontrahenten erst im Schraubflug gegenseitig vom Wasser abzudrängen. Diese Kämpfe werden in einer Höhe von bis zu 20 Metern über der Wasseroberfläche ausgetragen.

Fortpflanzung und Paarung der Prachtlibellen

Während die Männchen territorial aktiv sind und ihr Revier gegenüber Rivalen verteidigen, sind die Prachtlibellenweibchen territorial ungebunden. Ihr Aktionsradius erstreckt sich auf Distanzen von bis zu vier Kilometern pro Tag. Sowohl Prachtlibellenweibchen als auch Prachtlibellenmännchen paaren sich mit verschiedenen Partnern.

Durchquert ein Weibchen bei der Suche nach geeigneten Eiablageplätzen das Revier eines Männchens, wird es von diesem im sogenannten Schwirrflug angeworben. Alle Prachtlibellenarten verfügen über ein artspezifisches Balzflugmuster anhand dessen die Weibchen ihre Art erkennen.

Eine Blauflügel-Prachtlibelle versucht sich im Schwirrflug auf auf die Flübgel des Weibchens zu setzen.
Schwirrflug der Blauflügel-Prachtlibelle

Eine Blauflügel-Prachtlibelle versucht sich im Schwirrflug auf auf die Flübgel des Weibchens zu setzen.

Wird das Männchen vom Weibchen zugelassen, setzt es sich auf den Flügeln des Weibchens nieder und packt mit seinen Greifzangen am Hinterleib den Kopf des Weibchens. Nachfolgend kommt es meist zu einem kurzen Tandemflug und anschliessend zur Kopulation. Dabei entsteht das sogenannte Paarungsrad oder „Coeur d’Amour“  wie es in der  französischen Sprache aufgrund seiner Herzform bezeichnet wird. Dazu krümmt das Männchen seinen Körper so, dass die beiden Öffnungen zueinander finden. Bei der Begattung verankert das Weibchen seine Genitalöffnung am männlichen Begattungsorgan.

Das Männchen krümmt seinen Hinterleib zum Paarungsring.
Nackengriff der Blauflügel-Prachlibelle

Das Männchen krümmt seinen Hinterleib zum Paarungsring.

Paarung der Gebänderten-Prachlibellen
Coeur d’Amour

Paarung der Gebänderten-Prachtlibellen

Die Paarung dauert von wenigen Sekunden bis zu 20 Minuten. Danach zeigt das Männchen dem Weibchen die Stelle innerhalb seines Reviers, die es sich zur Eiablage ausgesucht hat. Die Eier werden ins Pflanzengewebe unterhalb der Wasseroberfläche abgelegt. Dabei kann es auch vorkommen, dass das Weibchen zur Eiablage ganz ins Wasser abtaucht. Es kann ohne aufzutauchen bis zu 90 Minuten unter der Wasseroberfläche verbleiben.

Eiablage ins Pflanzengewebe
Prachtlibellen-Weibchen bei der Eiablage

Eiablage ins Pflanzengewebe

Metallglanz und Schillerfarben

Die Schillerfarben der Blauflügel-Prachtlibelle und der Gebänderten-Prachtlibelle fallen sofort ins Auge! Sie verleihen den Insekten eine Exotik, die unmittelbar an Kolibris oder tropische Schmetterlinge erinnern.

Das Geheimnis dieser Farben liegt in den mehrfach übereinander liegenden, hauchdünnen transparenten Chitinschichten des Insektenpanzers, welche regelmässige Strukturen bilden die das weisse Licht brechen. Das Licht wird von den verschiedenen Chitinschichten nicht zeitgleich, sondern zeitversetzt reflektiert. Dabei kommt es zu einer Überlagerung der reflektierten Lichtwellen. Besitzen zwei reflektierte Wellen die gleiche Frequenz und die gleiche Amplitude, kommt es zur konstruktiven Interferenz und somit zu einer Verdoppelung der Amplitude. Diese verstärkte Reflexion ermöglicht eine intensivere Farbwahrnehmung, als sie bei normalen Pigmentfarben möglich wäre. Da die Wahrnehmung dieser Farben von der Richtung der Lichtquelle und dem Betrachtungswinkel abhängig sind, entsteht dieser Schillereffekt.

Die Schillerfarben der Prachtlibellenmännchen reichen je nach Lichteinfall von Aquamarin über Dunkelcyan bis Mittelblau und Dunkelblau

Andere Wellenfrequenzen des einfallenden weissen Lichts wiederum, werden durch die sogenannte destruktive Interferenz teilweise oder ganz  ausgelöscht. Die Wellen schwingen hier gegenphasig – Wellenberg trifft auf Wellental. Haben beide Wellen dieselbe Amplitude, löschen sie sich gänzlich aus.

Variierende Strukturfarben: Diese Blauflügel-Prachtlibelle erscheint im entsprechenden Licht blau.
Prachtlibelle auf Sitzwarte

Variierende Strukturfarben: Diese Blauflügel-Prachtlibelle erscheint im entsprechenden Licht blau.

Fällt das Licht aus einer anderen Richtung auf die Libellen, erscheint die Prachtlibelle plötzlich dunkelcyanfarben.
Schillerfarben der Prachtlibellen

Fällt das Licht aus einer anderen Richtung auf die Libellen, erscheint die Prachtlibelle plötzlich dunkelcyanfarben.


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