Canon TS-E 24mm f/3.5L II in der Natur-und Landschaftsfotografie

Ein 24mm Tilt-Shift Objektiv ist in sowohl in der Architektur- als auch in der Landschaftsfotografie vorteilhaft.

Ein scharfes Weitwinkelobjektiv für Naturfotografen: Canon TS-E 24mm f/3.5L II Review

Als Natur-und-Landschaftsfotograf kommt man wohl kaum um die Anschaffung eines Weitwinkelobjektivs herum. Das Canon TS-E 24mm f/3.5L II ist in vielen Situationen das Weitwinkelobjektiv meiner Wahl. Warum, erkläre ich in diesem Beitrag.

Aufgrund vieler ausrüstungsspezifischer Nachfragen von Besuchern meiner Website habe ich mich erneut dazu bewegen lassen, einen Artikel über eines der Objektive die ich in Gebrauch habe zu verfassen. Da ich mich beim Kauf von Kameraequipments längst nicht mehr nur auf die Aussagen von Händlern oder auf irgendwelche Labortests verlasse, bieten auch mir die Aussagen und Bilder von Fotografen meist die brauchbarste Hilfestellung bei einem Kaufentscheid.

In dieser Review geht es um das Canon TS-E 24mm f/3.5L II Weitwinkelobjektiv, das ich seit einigen Jahren in Gebrauch habe und das eines der nützlichsten Werkzeuge in meiner Kameratasche ist. Als mir das Tilt-Shift Objektiv zu Beginn dieses Jahres bei einem Sturz in Brüche ging und ich den Verlust in dieser Zeit anderweitig überbrücken musste, wurden mir die einzigartigen Vorzüge dieses Objektivs erst recht gewahr.

Aufnahme gegen das Licht mit dem Canon TS-E 24mm f/3.5L II

Die geringe Streulichtempfindlichkeit des Canon TS-E 24mm f/3.5L II erleichtert die Arbeit in heiklen Lichtsituationen enorm.

Welche Weitwinkel-Brennweite brauche ich?

Das ist vielleicht die wichtigste Frage, die man sich bei der Wahl einer Weitwinkel-Festbrennweite stellen muss. Selbstverständlich gibt es mittlerweile auch viele qualitativ hochwertige Weitwinkel-Zoomobjektive die bezüglich Bildausschnitt und Bildwinkel eine grössere Flexibilität bieten. Diese kamen für mich jedoch weniger in Frage, da ich hohe Ansprüche an Verzeichnungsfreiheit und Auflösung stelle. Zudem habe ich Festbrennweiten sehr zu schätzen gelernt, weil man diese „Spezialisten“ mit der Zeit sehr genau kennt. Man bekommt ein sehr klares Gefühl für eine bestimmte Brennweite und kennt auch die Stärken und Schwächen des Objektivs auf’s Detail genau.

Mir wurde schnell klar, dass für mich der ideale Brennweitebereich irgendwo zwischen 20 und 24mm liegt. Superweitwinkelobjektive mit einem zu Bildwinkel verzerren für meinen Geschmack die Proportionen oft allzu stark. Zudem wollte ich das Objektiv auch für Architekturaufnahmen einsetzen und in diesem Bereich wirkt oft schon eine unbedarft eingesetzte 24mm Brennweite grotesk. Damit will ich nicht behaupten, dass eine 14mm Brennweite nicht auch ihre Berechtigung hat: Will man z.B. Krebse am Strand aus nächstmöglicher Distanz und mit kleinster Blende aus der Perspektive des Krebses fotografieren, ist man mit dieser Brennweiten mittendrin im Geschehen und kann damit ganz eigene Bildaussagen machen. Allerdings nutzen sich solche Effekte schnell ab und verlieren ihren Reiz, wenn sie zu oft eingesetzt werden. Als Natur-und Landschaftsfotograf, setze ich das Weitwinkelobjektiv meistens in der Landschaftsfotografie ein.

Um grosse Motive aufs Bild zu bringen benötigt man oft eine Weitwinkel-Brennweite.
Skógafoss Wasserfall im Winter

Um grosse Motive aufs Bild zu bringen benötigt man oft eine Weitwinkel-Brennweite. 24mm Objektive eignen sich gut für die Landschaftsfotografie.

Welches Weitwinkelobjektiv für das Canon Vollformatsystem kommt in Frage?

In der Natur-und Landschaftsfotografie ist das Auflösungsvermögen einer Optik besonders wichtig. Ein Weitwinkelobjektiv sollte knackscharfe und detailreiche Landschaftsbilder wiedergeben, so dass der Betrachter einer grossen Ausbelichtung, in die Tiefe der Landschaft eintauchen kann. Ebenso wichtig finde ich das Farbrendering eines Objektivs, hier gibt es je nach Vergütung des Glases grosse Unterschiede. Welche man bevorzugt ist eben Geschmackssache.

Da ich sehr gute Erfahrungen mit Zeiss ZE Objektiven gemacht habe und auch sehr gerne mit diesen butterweich manuell fokussierenden Linsen arbeite, stand das Zeiss Distagon T* f/2.8 21mm ZE bei der Evaluation erst mal ganz oben. Diese Optik scheint exzellent aufzulösen. Bezüglich des Farbrenderings, liegen Zeiss Objektive eher im wärmeren Farbbereich.

Ein weiterer Kandidat wäre auch das Canon 24mm f/1.4L USM II gewesen. Auch dieses Objektiv hinterlässt einen ausgewogenen Farbeindruck. Es löst offenbar etwas weniger gut auf als das Canon 24mm Tilt-Shift Objektiv, bietet jedoch gegenüber diesem Vorteile punkto Lichtstärke.

Von einer so hohen Lichtstärke würde man neuerdings auch beim Sigma 24mm f/1.4 DG HSM Art profitieren. Mit der neuen Art-Serie hat sich Sigma höchste Qualität auf die Fahne geschrieben und stösst bei vielen Fotografen auf gute Resonanz. Mich persönlich überzeugen die neuen Sigma Art Objektive von der Farbabstimmung her nicht wirklich zu 100%, aber preislich sind sie gegenüber den Optiken von Canon oder Zeiss natürlich schon eine Überlegung wert.

Mit einem 24mm TS-E Objektiv lassen sich Landschaften mit hoher Schärfentiefe abbilden.
Das Canon TS-E 24mm f/3.5L II in der Landschaftsfotografie

Mit einem 24mm TS-E Objektiv lassen sich Landschaften mit hoher Schärfentiefe abbilden.

Edit 2019: Seit Ende 2017 habe ich in der Natur oft das Canon EF 16-35mm f/2.8L III USM im Einsatz. Auch dieses Objektiv leistet bezüglich Auflösungsvermögen und Mikrokontrast hervorragende Dienste. Mittlerweile ziehe ich dieses Objektiv gegenüber dem Tilt-Shift bei Landschaftsaufnahmen meist sogar vor. Die Flexibilität des Zoomobjektivs und der schönere Blendenstern sind dabei die wichtigsten Gründe. Für Architekturaufnahmen und für spezielle Tilt-Shift Anwendungen kommt aber noch immer das Canon 24mm TS-E II zum Einsatz. Hier geht’s zum ausführlichen Testbericht über das Canon EF 16-35mm f/2.8L III USM

Das Canon TS-E 24mm f/3.5L II

Meine Wahl fiel schliesslich auf das Canon TS-E 24mm f/3.5L II. Nachdem ich das Tilt-Shift Objektiv einige Tage lang getestet hatte, war der Entscheid gefällt, diese Linse zu kaufen. Das Canon TS-E 24mm f/3.5L II ist mit seiner grössten Blendenöffnung von f/3.5 zwar relativ lichtschwach, bietet aber aufgrund seiner Tiltfähigkeit die Möglichkeit, durch das Verlagern der Schärfeebene kreativ mit Schärfe und Unschärfe zu arbeiten. 

Die Auflösung des Canon Tilt-Shift Objektivs sehr zufriedenstellend. Die Bildwirkung ist brillant und der Bildkontrast sehr ausgewogen. Chromatische Aberration ist bei diesem Objektiv kein Problem. Streulicht und Lens Flares werden durch die besondere Vergütung der Linsen auf ein Minimum reduziert. In meiner Jökulsárlón Galerie findest Du mehrere Bilder, welche unter heiklen Gegenlichtbedingungen aufgenommen worden sind. Die Aufnahmen gegen die direkte, untergehende Sonne, wären mit vielen anderen Optiken, aufgrund starker Lensflares, unpraktikabel gewesen. Bei den Bildern gegen die Sonne siehst Du aber auch den 8-Strahligen Sonnenstern des Objektivs, den ich eher weniger ansprechend finde.

Der Bildeindruck und das Farbrendering sind Canon typisch sehr neutral und eher kühl, das Kontrastverhalten genau richtig, um den Bildern im RAW-Konverter noch den letzten Schliff geben zu können.

Hochauflösende Kameras verlangen nach immer besser gerechneten Objektiven. Das Canon TS-E 24mm f/3.5L II löst hervorragend auf und wird wohl auch mit der neuen Canon EOS 5ds zusammen harmonieren.
Mit dem Canon TS-E 24mm f/3.5L II im Wald

Hochauflösende Kameras verlangen nach immer besser gerechneten Objektiven. Das Canon TS-E 24mm f/3.5L II löst hervorragend auf und wird wohl auch mit der neuen Canon EOS 5DS zusammen harmonieren.

Objektiv-Verarbeitung und Handling des Canon TS-E 24mm f/3.5L II

Das Canon 24mm TS-E II Objektiv ist als Superrotator gebaut, was heisst, dass man die Tilt und Shift Funktion frei gegeneinander einstellen und drehen kann. Das ist ein grosser Vorteil gegenüber vielen anderen Tilt-Shift Objektiven, die diese Funktion nicht anbieten. Die Rädchen und Hebelchen sind dabei etwas knifflig in der Handhabung und es braucht etwas Übung und Einarbeitungszeit, bis man damit blind zurecht kommt.

Das Gehäuse des Canon 24mm f/3.5L II besteht aus einer robusten Metalllegierung, die Fokussierung erfolgt über einen griffigen, gummierten Ring, der genau den richtigen Wiederstand hat. Weil die Konstruktion von Tilt-Shift Objektiven keinen Autofokus zulässt, muss man auf diesen verzichten. Die Scharfstellung lässt sich jedoch entweder über ein akustisches Signal, oder über die elektronische Anzeige im Sucher überprüfen. Zur Einstellung der Schärfeebene via Tilt Funktion, empfiehlt sich die Verwendung eines Stativs. Aufgrund der komplexen Konstruktion, ist das Canon TS-E nicht spritzwassergeschützt. Das ist für Naturfotografen, die meistens unter freiem Himmel arbeiten, ein grosser Nachteil.

Das Hasenglöckchen ist eine Hyazinthenart, die in Schottland an gewissen Stellen sehr zahlreich auftritt.
Das Canon 24mm Tilt-Shift Objektiv im Nahbereich

Aufnahmen mit dem Canon Tilt-Shift Objektiv im Nahbereich: gezielte Schärfe und Unschärfe durch gleichzeitiges Tilten und Shiften.

Vor-und Nachteile des Canon 24mm f/3.5 TS-E II Objektivs

Plus:

  • Ausgezeichnete Korrektur der Verzeichnung
  • Tilt-Shift Möglichkeit, Superrotator Konstruktion
  • Wirksame Linsenvergütung, stark minimierte Gegenlichtempfindlichkeit
  • Gutes Auflösungsvermögen
  • Maximaler Abbildungsmassstab von 1:3 ermöglicht, kombiniert mit der Tilt-Shift Funktion, Nahaufnahmen mit einzigartiger Tiefenschärfe.
  • Guter Bildeindruck / Farbrendering

Minus

  • Kein Spritzwasserschutz
  • Relativ hohes Gewicht (800g)
  • Hoher Preis
  • Kein Autofokus
  • Tilt-Shift-Handling erfordert Einarbeitungszeit
  • Blendenstern nicht besonders ansprechend
Mit drei Shift Bewegungen lassen sich mit Leichtigkeit auch aus der Hand Panoramen fotografieren die später problemlos verrechnet werden können.
Gletschersee in Südisland

Mit drei Shift Bewegungen lassen sich mit Leichtigkeit Panoramen fotografieren, die später problemlos verrechnet werden können.

Zusammenfassung

Natur- und Landschaftsfotografen finden im Canon TS-E 24mm f/3.5L II Objektiv eine optisch über alle Zweifel erhabene Festbrennweite, welche durch die aufwändige Superrotator Konstruktion, zusätzlich maximal flexibles Tilten und Shiften erlaubt. Hohes Auflösungsvermögen, ausgewogene Farbwiedergabe, Kontrastverhalten und geringe Streulichtempfindlichkeit, vermögen im Grossen und Ganzen zu überzeugen. Der 8-Strahlige Sonnenstern des Objektivs ist bei Aufnahmen gegen die Sonne eher wenig ansprechend. Ein grosser Wermutstropfen des Canon TS-E 24mm f/3.5L II ist der fehlende Spritzwasserschutz. Natur- und Landschaftsfotografen müssen das Objektiv bei schlechten Witterungsbedingungen mit einem Kameraregenschutz schützen.

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3 Kommentare zu „Canon TS-E 24mm f/3.5L II in der Natur-und Landschaftsfotografie“

  1. Hallo Adrian,

    ein toller Bericht, gerade auch in Bezug auf die Nutzung von Festbrennweiten. Auch ich stehe wohl wieder kurz vor dem Kauf eines neuen Objektives, nachdem das Zeiss M-P 2/50 bei mir Einzug gefunden hat.

    Es ist schon eine spezielle Brennweitengröße um die 24mm/25mm. Noch nicht zu weit um größere Verzerrungen zu vermeiden und nicht zu klein in der Weite, wie ein 28mm. Nach wiederholter Durchsicht Deiner Fotografien mit dem 24er T+S hat mich der Bildeindruck dieser Brennweitengröße doch sehr beeindruckt.

    So habe ich das Zeiss Distagon 2/25 in die engste Auswahl gezogen und werde es wohl demnächst bestellen. Das T+S von Nikon ist mir leider etwas zu teuer …

    Viel Freude mit Deinem 24er T+S wünscht Dir,

    Martin

  2. Adrian Hirsbrunner

    Hallo Martin

    Vielen Dank für Deinen Kommentar!

    Ja, das Distagon 2/25 ist sicher auch keine schlechte Alternative. Vorteilhaft sind sicher seine relativ hohe Lichtstärke, tolle Farbwiedergabe und das schöne Bokeh bei Nahaufnahmen.

    Ich wünsche Dir weiterhin viel Spass bei der Evaluation

    Adrian

  3. Hallo Martin, vielen Dank für dein Testbericht. Mit den Minuspunkten kann ich gut zurechtkommen
    1. Ein Spritzwasserschutz, also auf das Objektiv spritzendes Wasser ist anders als Regentropfen. Das erwarte ich von keinem Objektiv. Sonst verwendet man besser ein Unterwassergehäuse. Bei den vielen Kullissenführungen ist solch eine Anforderung kaum zu realisieren bzw unbezahlbar.
    2. Hohes Gewicht? Ja, dass stimmt. Qualität hat meistens auch Gewicht. Stell dir bitte Vor, das Teil wäre aus einem Plastikgehäuse. Federleicht und biegsam. Mehr sage ich dazu.
    3. Teuer. In der Tat ist das Objektiv duch die Verarbeitung und optischer Leistung durch den
    bis in die Ecken scharfen großen Bildkreis (bei Tilt Shift Objektiven konstruktionsbedingt unabdingbar) teuer. Trotzdem finde ich das Preis/Leistungsverhältnis noch hervorragend, aber da darf man unterschiedlicher Meinung sein. 4. Ein Autofocus bei einem TS Objektiv? Das steht für mich im Widerspruch bei diesem Objektiv an dem ich die Möglichkeiten nach Scheimpflug voll nutzen möchte. Gerade damit spielt man gestalterich bei einem TS Objektiv neben der Beseitigung stürzender Linien. Da stört ein Autofokus mehr als er nützt.
    5. Das Objektiv benötigt Einarbeitungzeit? Jede Kamera mit all seinen Möglichkeiten übertrifft dieses Objektiv bei weitem. Wenn man mit diesem Objektiv und seiner 2 Freiheitsgerade ein paar Minuten gespielt hat, legt man es nicht mehr aus der Hand.
    6. Der Blendenstern ist ganz wichtig und könnte wirklich schöner sein. Wie der Begriff schon sagt, hängt das Aussehen von den Blendenlamellen und der Form ab. Jede Lamelle mehr gibt zusätzlich einen Strahl am Stern bei Gegenlicht. Wie teuer dürfte das Objektiv für dieses Gimmick zusätzlich werden? Davon abgesehen ist das natürlich eine Schönheit des Betrachters und darüber muß man hinwegsehen.
    Trotzdem habe ich deinen Bericht sehr aufmerksam gelesen und stimme mit dir in den wesentlichsten Punkten überein. Vielen Dank dafür, Harry

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